MUEXIT - Braucht das Museum die EU?

Datum:13. Februar 2017
Zeit:10 bis 17 Uhr (Akkreditierung ab 9 Uhr)
Veranstaltungsort:

HTW Berlin
Campus Wilhelminenhof

  • Akkreditierung & Catering: Halle B 2
    (gegenüber Gebäude A)
  • Tagung: Alte Cafeteria im Kopfbau
    (Gebäude B)
Tagungsgebühr:

10 €; 5 € ermäßigt für Studierende

Bezahlung vor Ort, nur Barzahlung möglich, Quittung wird erstellt

Anmeldung:Bis 8. Februar 2017 unter Tagung-MMK@HTW-Berlin.de

"In Vielfalt geeint" - so lautet das Motto der Europäischen Union. Seit seiner Gründung vor rund 25 Jahren wuchs und gedieh der Staatenbund und stellt nach wie vor ein einzigartiges Modell diplomatischer Beziehungen und gemeinsamer Wertvorstellungen dar. Einer dieser Werte ist auch der Erhalt der kulturellen Vielfalt in Europa und somit die Förderung von Projekten und Einrichtungen wie Museen durch finanzielle Zuwendungen der EU.

Aktuelle Brennpunkte wie die Uneinigkeit im Umgang mit Migration, Volksentscheide wie BREXIT und dem daraus resultierenden Austritt Großbritanniens aus der EU, schüren allerdings eine Unsicherheit von EU-Bürger_innen hinsichtlich der Notwendigkeit dieses Verbandes. Wie kann also in einer solch kontroversen Zeit der Erhalt kultureller Wertvorstellungen gewährleistet werden?

Für Institutionen stehen verschiedenste Posten und Gelder zur Verfügung, um die Zusammenarbeit der europäischen Gemeinschaft auf kultureller Ebene zu unterstützen und voranzutreiben. Doch wer garantiert, in Anbetracht der wachsenden politischen Anforderungen, die Fortführung dessen? Wie kann die Umsetzung eines solchen Projektes aussehen und zur "geeinten Vielfalt" beitragen? Wie entscheidet sich, ob eine Förderung übernommen werden kann? Können all diese Entscheidungen durch die Kulturakteure direkt und unabhängig beeinflusst werden? Und in welcher Relation stehen Aufwand und Nutzen eines EU-Projektes für die jeweilige Einrichtung?

All diese Fragen werden auf der Tagung unter dem Titel "MUEXIT - Braucht das Museum die EU?" durch Beiträge von fünf verschiedenen Expert_innen in diverser Hinsicht beleuchtet und diskutiert. Lesen Sie hierzu auch das Interview mit Prof. Dr. Oliver Rump.

Programm

  • Erst die Kohle, dann die Werte?
    Konstanze Kriese (DIE LINKE. im Europaparlament, Büro Brüssel)
  • Lobbyarbeit für Museen in Deutschland — ein neues und wachsendes Phänomen?
    Prof. Dr.-Ing. Anja Kleinke (Hochschule Aschaffenburg)
  • Den Museen in Europa eine Stimme geben — Das Netzwerk Europäischer Museumsorganisationen NEMO
    Anja Schaluschke (Deutscher Museumsbund, Network of European Museum Organisations)
  • Von der Idee zur Umsetzung — Das EU-Projekt "Ceramics and its Dimensions"
    Wilhelm Siemen (Staatliches Museum für Porzellan in Hohenberg an der Eger/Selb)
  • Chancen und Problematiken der Stellung von Förderanträgen
    Peter Legemann (schloss bröllin e.V.)

MUEXIT: Braucht das Museum die EU? 18. FEBRUAR 2017 | SVENJA KUTSCHER | TAGUNG „MUEXIT – Braucht das Museum die EU?“ –

Unter diesem Motto stand die sechste alljährliche Tagung des Studienganges „Museumsmanagement und -kommunikation“ der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) auf dem Campus in BerlinOberschöneweide. Fünf ExpertInnen aus Politik, Wirtschaft und der Kulturbranche zeigten dem Publikum eindrückliche Beispiele aus ihrer Arbeitspraxis und berichteten von eigenen Erfahrungen mit EU-Projekten. Die Vortragenden stimmten überein: Das Museum braucht die EU, aber vor allem braucht die EU dringend das Museum!

In seiner Begrüßung der TagungsteilnehmerInnen betonte der Vizepräsident der Forschung an der HTW, Prof. Dr. Matthias Knaut, die besondere Rolle, die die EU für die Normenentwicklung in der Kulturarbeit und die Herausstellung der nationalen Besonderheiten, auch in Hinblick auf Intangible Heritage, spielt. Ebenso erinnerte er daran, dass uns die Geschichte lehrt, in welchem Ausmaß nationalistische Bewegungen die Kulturarbeit und den kulturellen Austausch behindern.

Der Studiengangsleiter für Museumsmanagement und –kommunikation, Prof. Dr. Oliver Rump, betonte in einer kurzen Ansprache, dass die provokative Formulierung des Titels an aktuelle Vorkommnisse anknüpft und versuche, einen offenen Dialog anzuregen.

MuExit: Kultur statt Unkultur

Die erste Rednerin des Tages war Dr. Konstanze Kriese, akkreditierte Parlamentarische Assistentin von Martina Michels (DIE LINKE) und Mitglied des EU-Parlaments in Brüssel. Als Grundproblem benannte sie, dass die Kommission grundsätzlich unterschätze, in welchem Ausmaß der digitale Wandel die Gesellschaft beeinflusst und dass dazu auch gehöre, wie das kulturelle Gedächtnis aufbewahrt wird (Stichwort Digitalisierung und Zugänglichmachung von Sammlungsbeständen). Hier gebe es enormen Aufholungsbedarf, vor allem in Hinblick auf internationale Konzerne wie Google und das Digitalisierungsprojekt „Google Books“. Kriese betonte, dass Museumsverbände unbedingt auch auf EU-Ebene in die Gesetzgebung eingreifen und ihre Interessen stärker vertreten sollten. Museumslobbyisten müssten in Brüssel lauter werden, denn der Kulturausschuss sei nach wie vor bei großen Entscheidungen nie federführend. Als Vergleich: Das EU-Budget für Kultur beträgt jährlich 1,42 Mrd. €, das Budget für die Agrarindustrie rund 300 Mrd. €. – auch wenn die Beschäftigungszahlen in den beiden Branchen relativ identisch seien. Mittel für „Creative Europe“, dem Förderprogramm für Europas audiovisuelle Branche sowie die Kultur- und Kreativwirtschaft, machen lediglich 0,14% des EU-Budgets aus. Dies zu ändern läge beim Europäischen Rat und den Mitgliedsstaaten. Kriese schloss mit dem Fazit: „Kultur kostet – Unkultur kostet mehr“.

Der nächste Vortag beleuchtete die Thematik von der Seite der Lobbyisten. Prof. Dr.-Ing. Anja Kleinke, die sich in ihrer Dissertation mit der Zukunftsfähigkeit öffentlicher Museen in Deutschland durch Lobbying beschäftigte, lieferte als ehemalige Projektmanagerin beim Masterplan Museumsinsel starke Argumente für eine umfassendere Lobbyarbeit für Museen. Das größte Potenzial sieht sie bei den Allianznetzwerken wie dem Deutschen Museumsbund (DMB), ICOM (The International Council of Museums) und NEMO (Network of European Museum Organisations), aber auch allgemein in den vielfältigen zahlreichen netzwerkartigen Strukturen der Kulturförderung. Auch Cross Lobbying könne für Museen und andere Kultureinrichtungen durchaus sinnvoll sein. Ebenso gab Kleinke einen kurzen historischen Abriss der Lobbyarbeit an Museen im deutschsprachigen Raum, die rund 150 Jahre zurückreicht, und erinnerte daran, dass Interessenvertretung, wie durch Fördervereine und Mitgliedschaften bei ICOM, an Museen heute zumeist eine Selbstverständlichkeit darstellt. Das Lobbying für Gemeinwohlinteressen wie die Kulturförderung habe heute grundsätzlich eine große Akzeptanz in der Bevölkerung und solle somit auch die EU-Politik stärker beeinflussen.

MuExit: NEMO als Beispiel

Anja Schaluschke, Vorstandmitglied bei NEMO und Geschäftsführerin des Deutschen Museumsbundes e.V., gab einen detaillierten Einblick in die Arbeit von NEMO und des DMB. NEMO wird durch „Creative Europe“ gefördert und gibt jährlich eine Berichterstattung über seine Arbeit an die EU ab. Das Netzwerk vertritt rund 30.000 Museen aus 37 europäischen Ländern. Sein strategischer Fokus liegt auf Economical, Educational, Social und Collection Values und der Interessenvertretung der europäischen Museen gegenüber relevanten EU-Einrichtungen. NEMO möchte Museumsinteressen in vielfältigen Bereichen integrieren, bietet Weiterbildungs- und Austauschmöglichkeiten und unterstützt Museen bei der Beteiligung an EU-Projekten. Ohne EU-Förderungsgelder wäre die Arbeit von NEMO, dem einzigen europäischen Museumsnetzwerk, schwer möglich. Auch in diesem Vortrag wurde erneut die Wichtigkeit von Lobbyismus für Museen deutlich: Von rund 20.000 Lobbyisten auf der EU-Ebene haben lediglich 15 einen Museumsbezug.

Die letzten beiden Vorträge des Tages gaben vor allem einen praktischen Einblick in die Arbeit mit EU-geförderten Kulturprojekten. Wilhelm Siemen, Direktor des Porzellanmuseums „Porzellanikon“ in Hohenberg a. d. Eger/Selb, gab hierzu eine praxisnahe Anleitung der „DOs and DON´Ts“ in der Antragstellung anhand des EU-geförderten Projekts „Ceramics and its Dimensions“. Er zog das Fazit, dass die Porzellanindustrie nicht ohne Europa sein könne und man im europäischen Kontext immer mehr bewegen könne als auf nationaler Ebene. Der Vortrag regte einen interessanten Erfahrungsaustausch über die Antragsstellung zu EU-Projekten im Publikum an. Peter Legemann, Geschäftsführer des Kunst- und Kulturzentrums „schloss bröllin e.V.“ in Mecklenburg-Vorpommern, zeigte in seinem Vortrag abschließend detailliert die allgemeinen Chancen und Fallstricke von EU-Förderanträgen auf und betonte den Mehrwert von internationalen Kooperationen.

MuExit: Braucht das Museum die EU – ein Fazit

Also: Braucht das Museum die EU? Die Tagung hat in unterschiedlichen Beiträgen verdeutlicht, dass die Antwort ein klares JA ist. Auch wenn die Kulturpolitik in der Europäischen Union den einzelnen Mitgliedstaaten obliegt, sollte die EU dennoch aktive Kulturförderung betreiben. Die Vortragenden waren sich hierbei einig, dass die EU die nationalen kulturpolitischen Programme sinnvoll ergänzt und es in Hinblick auf die europäische Gemeinschaft auch unbedingt weiter tun sollte. Museen haben das Potenzial, besonders in Zeiten erstarkender populistischer Strömungen die europäischen Wertevorstellungen zu betonen. Die Kulturförderung von EU-Seite kann so die Zusammenarbeit der europäischen Gemeinschaft vorantreiben. Die Tagung hat eindrücklich gezeigt, dass es an der Zeit ist, noch stärker für die Interessen der Museen und Kulturarbeit einzutreten und somit den Erhalt der kulturellen Vielfalt in Europa für die Zukunft zu gewährleisten.
Bildquelle: HTW Berlin, MA Museumsmanagement und -kommunikation

Die Autorin studierte Museumskunde (B.A.) und Museumsmanagement und –kommunikation (M.A.) an der HTW Berlin. Zurzeit schreibt sie an ihrer Masterarbeit über die Zugänglichmachung historischer Quellen und untersucht diese im Kontext der NS-„Euthanasie“. Nebenbei arbeitet sie in der Fotografischen Sammlung des Jüdischen Museums Berlin. Darüber hinaus war sie an Projekten im Museum Europäischer Kulturen Berlin und im Museum Neukölln beteiligt und arbeitete mit lokalen Communities in einer neuseeländischen Galerie.

MUEXIT – Braucht das Museum die EU?

MUEXIT – Braucht das Museum die EU? Fünf Expert*innen gingen dieser Frage bei der alljährlichen Tagung des Masterstudienganges Museumsmanagement und –kommunikation auf den Grund. Autorinnen: Nora Grunwald, Theres Laux. Redaktionelle Mitarbeit: Svenja Kutscher braucht das Museum die EU?

Die diesjährige Tagung des Masterstudienganges Museumsmanagement und –kommunikation an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin fällt zunächst durch ihren provokanten Titel auf: MUEXIT - Braucht das Museum die EU? Eine Frage, die die gesamte Tagung begleitete und von den Referent*innen immer wieder aufgegriffen und letztendlich ähnlich provokant beantwortet wurde.

Vorentscheid: Themenfindung und Organisation
Unter der Anleitung des Studiengangsprechers Prof. Dr. Oliver Rump wird jedes Jahr im Rahmen des Kurses „Anwendung von Managementinstrumenten im Museum“ eine Tagung zu einem aktuellen gesellschafts- und vor allem museumsrelevanten Topic auf die Beine gestellt. Dies betrifft die inhaltliche Konzeption der Veranstaltung, ihre Organisation, die Umsetzung aller Arbeitsschritte im Team sowie die Nachbereitung. Ein umfassendes als auch lehrreiches Praxisprojekt, welches von allen Beteiligten ein höchstes Maß an Kreativität, Fleiß sowie Organisations- und Teamfähigkeit verlangt.

Als das diesjährige Team, bestehend aus neun Studierenden, sich für erste Planungen zusammensetzte, war es Anfang Oktober 2016. Aufgrund der turbulenten politischen Entscheidungen des vergangenen Jahres fand man schnell ein Thema, welchem es an Aktualität sowie gesellschaftlicher und politischer Relevanz nicht mangelte: das Museum und die Europäische Union. Volksentscheide wie der BREXIT oder die sich entfernenden Meinungen innerhalb Europas zum Thema Asylpolitik, bestätigten die Wichtigkeit unseres Vorhabens. Denn auch im Kulturbereich gibt es EU-bezogen komplexe Fragestellungen: Wie viel Geld ist die Kultur wert? Wer soll gefördert werden? Warum die Einen und die Anderen nicht, und was muss man tun, um an einen Teil „des Kuchens“ zu kommen? Und könnten Museen überhaupt ohne die EU existieren - Braucht das Museum die EU? All diese Fragen wurden von den Studierenden gesammelt und es wurde überlegt, wer für eine Beantwortung in Frage käme. Nach aufwendiger Recherche sowie Planung und zahlreicher Team- meetings stand das Konzept der Tagung fest: Fünf Expert*innen aus verschiedenen kulturbezogenen Fachbereichen sollten die Gelegenheit erhalten, je 30 Minuten lang ihre Sicht auf das Thema darzustellen. Die Besucher*innen würden anschließend jeweils 10 Minuten lang Fragen stellen können. Die Tagung sollte als ganztägiger Wissens- und Erfahrungsaustausch in einer angenehmen Atmosphäre mit kulinarischer und serviceorientierter Betreuung stattfinden.

Zum Auftakt des Projektes wurden die Expert*Innen und mögliche Räumlichkeiten auf dem Campus angefragt. Eine Save the Date Mail, die an die potentiellen Besucher*innen versendet wurde, bildete den Auftakt für die eigentliche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Key Visual Erarbeitung, Plakatgestaltung, Anzeigenschaltung, Platzierung von Werbung auf den HTW Berlin Homepages und auf verschiedenen Social Media Kanälen.
Parallel wurde das Einrichtungskonzept der Tagungsräumlichkeiten erarbeitet. Hierbei dienten Grundrisse, die das geplante Mobiliar samt gebrandeten Präsentationselementen und der benötigten Technik zeigten, als Planungs- und Umsetzungsgrundlage. Ein indisches Restaurant aus der unmittelbaren Nachbarschaft und ein Getränkelieferant wurden mit der Verpflegung der Gäste beauftragt.

Debatte: Die MUEXIT-Tagung am 13. Februar 2017

Am Montag, den 13. Februar fand die Tagung in den Räumen der Alten Cafeteria der HTW Berlin statt. Circa 90 Personen nahmen an der Veranstaltung teil und brachten sich in den an die Vorträge angeschlossenen Fragerunden mit Beiträgen und konkreten Fragen an die Referent*innen ein. Am Morgen der Veranstaltung wiesen Wegeschilder in zwei Veranstaltungshallen. Zuerst wurden die Besucher*innen in die erste Halle geleitet, wo die Akkreditierung in Form von personalisierten Eintrittskarten, Namensschildern und Goody Bags mit Tagungsmappe, Programmheft, etc. stattfand. Anschließend konnte an einem offenen Buffet getrunken und gegessen sowie die Werkschau “einBlicke” des musealen Bachelor- und Masterstudienganges angesehen werden. Kurz vor dem Start der Veranstaltung um 10:00 Uhr liefen die Besucher*innen über den sonnendurchfluteten Hof in die zweite Halle, in der die Vorträge der Expert*innen gehalten wurden. Als erste Referentin des Tages näherte sich Frau Dr. Konstanze Kriese dem Thema aus politischer Sicht. Frau Kriese ist Akkreditierte Parlamentarische Assistentin der Partei DIE LINKE und im Europäischen Parlament unter anderem im Ausschuss für Kultur und Bildung tätig. Sie kritisierte, dass die Unterstützung von Kulturarbeit seitens der Politik oft hinten angestellt werde und ihre Relevanz für die Gesellschaft nicht eindeutig umrissen ist. Hierbei konzentrierte sich Frau Kriese vor allem auf das Beispiel des Umgangs mit dem gerade in den letzten Jahren verstärkt gewachsenen Einsatz digitaler Technologien im Museum als auch den damit zusammenhängenden Problematiken, was bspw. Urheberrechtsdebatten betrifft. Frau Kriese sieht hier eindeutig Nachholbedarf seitens der EU-Gesetzgeber und pocht auf klare Richtlinien und stärkere Positionen der betroffenen Kulturinstitutionen.
Dafür plädierte auch der darauffolgende Beitrag von Frau Prof. Dr.-Ing. Anja Kleinke. 2013 schloss sie ihre Dissertation über die „Sicherung der Zukunftsfähigkeit Öffentlicher Museen in Deutschland durch Lobbying“ an der Technischen Universität Berlin ab und rückte mit ihrer Arbeit einen damals noch außergewöhnlich anmutenden Fakt ins Licht der Wissenschaft. Ins Zentrum ihres Tagungsbeitrags stellte sie die Frage, ob Lobbyarbeit von Museen ein neues und wachsendes Phänomen darstelle. Letzteres Adjektiv bejahte sie durch eine Vorstellung von Lobbying-Akteuren in der Kulturlandschaft und mit dem Ergebnis, dass diese in den vergangenen Jahren bspw. durch den vermehrten Auftritt von Museumsorganisationen und -verbänden gewachsen seien. Dass das Phänomen Lobbying kein neues sei, konnte Frau Kleinke durch einen kurzen historischen Ablauf eindeutig erläutern, da mindestens seit der Gründung der ersten Museen vergleichbare Strukturen existierten. Auf die Vorstellung einer solchen Struktur konnten die Besucher*innen nach einer auflockernden Kaffeepause gespannt sein.

Frau Anja Schaluschke ist sowohl Geschäftsführerin des Deutschen Museumsbundes, als auch Vorstandsmitglied des Network of European Museum Organizations (kurz: NEMO), einem Zusammenschluss von Museumsorganisationen, welcher auf europäischer Ebene eine Art Dachverband zur Interessenvertretung von Museen europaweit darstellt. Frau Schaluschke stellte die Arbeit von NEMO vor: dessen Ziele, Angebote, Partner und Vorgehensweisen. Die Organisation berät Museen aktiv zur Durchführung von Förderprojekten und wird selbst auch durch den Creative Europe Etat der EU mitfinanziert. Somit stellt sie einen jener wichtigen Lobbying-Akteure dar, wie sie bereits im vorangegangenen Beitrag vorgestellt wurden. In Frau Schaluschkes Vortrag wurde auch deutlich, wie wenige personelle und finanzielle Kapazitäten für einen solch wichtigen Verband letzten Endes zur Verfügung stehen.
Nach einer diskussionsreichen Mittagspause und einem regen Austausch zwischen Gästen wie auch Referent*innen, wurde in die nachmittäglichen Programmpunkte übergeleitet. Stellten die bisherigen drei Vorträge eine theoretische Analyse und Bestandsaufnahme aus Sicht der unterschiedlichen Referentinnen dar, so konnten die beiden nachmittäglichen Referenten aus praktischer Erfahrung schöpfen und die Herausforderungen bei der Durchführung EU-geförderter Projekte umreißen.
Ein praxiserfahrener Gast und Referent war hier Herr Wilhelm Siemen, Direktor des Porzellanikon: Staatliches Museum für Porzellan in Hohenberg an der Eger/ Selb in Oberfranken. Herr Siemen ist langjähriger Direktor des Museums und mitverantwortlich für den Aufbau und die Weiterentwicklung des Hauses zu einem wichtigen Angelpunkt der Keramik- und Porzellanmuseen in Deutschland und Europa. Seit einigen Jahren führt das Museum auch EU-geförderte Projekte durch. Herr Siemen berichtete von gescheiterten Anlaufversuchen und kurz vorher abspringenden Partnern, aber auch von dem notwendigen Improvisationstalent und der Fähigkeit, die Nerven zu behalten. Mit seinen detaillierten Ausführungen hielt er das Publikum in Atem, welches somit beispielhaft und realitätsnah den Ablauf des EU-geförderten Projektes „Ceramics and its Dimensions“ mitverfolgen konnte. Das Porzellanikon fungiert als Leadpartner für die Umsetzung und Koordination des oben genannten Projektes, bestehend aus insgesamt 28 Partnern in elf verschiedenen europäischen Ländern.
Als letzten Vortrag des Tages begrüßten wir ein an der HTW wohlbekanntes Gesicht. Herr Peter Legemann ist Vorsitzender des schloss bröllin e.V., eines Kunst- und Kulturzentrums in Bröllin, Mecklenburg-Vorpommern, mit dem Schwerpunkt auf der Unterstützung von Kunst- und Theaterproduktionen. Zudem hat Herr Legemann einen Lehrauftrag als Dozent für den Studiengang Museumsmanagement und –kommunikation der HTW inne, bei dem es um die Untersuchung von Fallbeispielen der Finanzierung und dem Marketing von Kultureinrichtungen geht. Als langjähriger Kulturakteur konnte Herr Legemann vielfältige Erfahrungen in der Antragstellung von EU-Förderanträgen sammeln. In seinem Vortrag wies er ausführlich auf die Chancen und Fallstricke der Antragstellungen hin und kam zu dem Ergebnis, dass auch ein Quäntchen Glück oftmals einiges beizutragen hat.

Votum: Ergebnis und Fazit

Nach einem lehrreichen Tag mit fünf sehr unterschiedlichen Annäherungen an das Thema kam man zu dem Ergebnis, dass sich trotz der verschiedenen Professionen
und Forschungs-/ Arbeitsgebieten der geladenen Referent*innen, an vielen Stellen Überschneidungen und Brennpunkte herauskristallisierten. Alle Beiträge stellten die Kulturarbeit als Notwendigkeit heraus und wiesen darauf hin, dass die regionale und nationale Förderung von Kunst- und Kulturschaffenden durch die EU-Förderung zwingend ausgebaut und die Antragstellung erleichtert werden sollte, um das Netzwerk stetig zu erweitern. Denn der Kulturerhalt und dessen Weitergabe können maßgeblich zur Verständigung innerhalb der europäischen Gemeinschaft beitragen. Diese “Kernaufgabe Kultur” ist in den Förderaktivitäten der Europäischen Union noch immer unterrepräsentiert, weswegen Interessenverbände eine wichtige und zukunftsweisende Arbeit leisten.
Durch die Tagung konnte eine Plattform zum Austausch verschiedener Kulturakteure und Engagierter sowie Interessierter geschaffen werden. Einstimmig lautete die Antwort der Referent*Innen auf unsere provokative Frage am Ende des Tages: „Ja, das Museum braucht die EU!“ und nahm zusätzlich noch eine interessante und hoffnungsspendende Wendung: „... doch vor allem braucht auch die EU das Museum.“ Ob die Besucher*innen diese Quintessenz unterstützen, konnte am Ende des Tages bei einem Glas Sekt vertieft werden.

An dieser Stelle ein großes Dankeschön an alle, die das Stattfinden der Veranstaltung ermöglicht und unterstützt haben!