Bereich 1: Prolog

Berlin ist die Hauptprotagonistin der Ausstellung und Kolonialmetropole, in der die Spuren der kolonialen Vergangenheit bis heute zu spüren sind. Was passierte, bevor die Exilant*innen nach Berlin kamen? Wieso ist unser Fokus auf Berlin?

Berlin: Zentrum der kolonialen “Legalisierung”
Berlin, 5. November 1884: Reichskanzler Otto von Bismarck lädt die Vertreter der USA, des Osmanischen Reiches und der europäischen Mächte Österreich-Ungarn, Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Portugal, Russland, Spanien und Schweden-Norwegen zur sogenannten “Kongo-Konferenz” oder auch “West-Afrika-Konferenz” nach Berlin ein, bei der auf Drängen des belgischen Königs Leopold II. sichergestellt wird, dass Kongo zu seinem Privatbesitz erklärt wird. Drei Monate später, im Februar 1885, wird mit der Unterzeichnung der “Kongo-Akte” die “Legalisierung” der Kolonisierung Afrikas beschlossen, indem die west-europäischen Mächte die Länder des Kontinents untereinander aufteilen.

Widerstand gegen kolonialistische Ideologien
Als Reaktion gegen Unterdrückung und Ausbeutung bildet sich auch im Deutschland der 1920er Jahre eine untereinander vernetzte Opposition aus antikolonialen afrikanischen und afro-diasporischen Gruppen. So gründet sich beispielsweise 1929 in Berlin die deutsche Sektion der französischen Bürgerrechtsbewegung Ligue de défense de la race nègre unter dem Namen Liga zur Verteidigung der “N****rasse” (LzVN). 

Während des Nationalsozialismus werden viele Mitglieder dieser Gruppen zur Zwangsarbeit verschleppt, sterilisiert und in Konzentrationslager interniert. Berlin wird nach Ende des 2. Weltkriegs 1945 in vier Sektoren geteilt und sowohl die BRD als auch die DDR werden Ziel für internationale Immigration. Bis heute wirken die Folgen des Kolonialismus im wiedervereinten Deutschland.

Afrika
Schon vor der “Kongo-Konferenz” siedeln Brit*innen, Deutsche, Französ*innen, Niederländer*innen, Portugies*innen, Spanier*innen und andere Europäer*innen auf dem ganzen Kontinent und weiten ihre Handels- und Missionsstationen aus. Vorrangig Großbritannien, Frankreich und das Deutsche Reich kolonisieren Afrika und werden zu Rivalen. Die Großmächte profitieren von Handelsrouten und Rohstoffen wie Elfenbein, Kautschuk und Edelmetallen. Nach der “Kongo-Konferenz” 1884 vereinnahmt Frankreich Nord- und Westafrika, Großbritannien kolonisiert den Süden und Osten Afrikas. Die Kolonien des Deutschen Reichs sind “Deutsch-Ostafrika” (heute: Burundi, Ruanda, Tansania und Teile von Mosambik), “Deutsch-Südwestafrika” (heute: Namibia), Kamerun, “Neu-Kamerun” (heute: Kamerun und Teile von Äquatorialguinea, Gabun, Nigeria,)  und Togo (heute: Togo und Gebiete in Ghana).

Die europäischen Kolonialregierungen sichern ihre Herrschaft u.a. durch Kriege, Genozide, Landraub, Zwangsarbeit und Zwangsrekrutierung. Diese Unterwerfungsmaßnahmen sind in den jeweiligen kolonialen “Mutterländern” juristisch legitimiert und führen vor Ort z.B. zur Umsetzung von Haft- oder Todesstrafen. 

Mit der Wahl der National Party im Jahr 1948 zur regierenden Partei wird in Südafrika die sogenannte Apartheid-Gesetzgebung eingeführt. Europäer*innen bzw. Weiße werden in sämtlichen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens gegenüber allen anderen Südafrikaner*innen privilegiert. Es formiert sich sofort organisierter Widerstand gegen das Regime. 

Mit dem Erstarken der antikolonialen Unabhängigkeits-Bewegungen in den 1950er Jahren erfährt die südafrikanische Anti-Apartheid Bewegung nicht nur durch viele in den 1960er Jahren unabhängig gewordenen jungen afrikanischen Nationen Solidarität. Der unter dem Begriff “The Struggle” in die Geschichte eingehende Freiheitskampf in Südafrika erlebt auch internationale Unterstützung – u.a. in Ost- und West-Berlin.